SKF – toxische Zeiten
🇨🇭 Roland Zolliker
Als ich als Zentralpräsident im November 2022, nach 34 Amtsjahren, zurücktrat, 43 Jahren im Zentralvorstand, waren sich einige ZV-Mitglieder einig: Jetzt warten paradiesische Zeiten auf uns. Bei mehreren Sektionen knallten die Korken. Doch nach zwei Jahren herrscht grosse Ernüchterung.
Rückblick
Ich hinterliess (Danke an Finanzchef Viktor Geiger) ein Vermögen von CHF 600’000. Somit abgesicherte Finanzen für die Jahre 2024 und 2025. Die Eingabe für die Re-Vitalisierungsprojekte ergaben einen genehmigten Bundesbetrag von CHF 170 000 (Konzept Selbstverteidigungslehrer, Autor: Giuseppe Puglisi: CHF 135 000). Die mit Swiss Olympic unterschriebenen Verträge garantierten der SKF weiterhin einen jährlichen Betrag von CHF 715’000. Auch ein Mehrjahresvertrag mit dem Sportzentrum Zuchwil lag vor, inkl. einer zusätzlichen Tatami-Fläche von 600 m2 und Mattenwagen. Dazu der Beitrag des Bundes und der Kantone von jährlich über einer Million CHF an die J+S Leitung und Dojos. Die Angriffe externer Organisationen erfolgreich abgewehrt. Zuletzt mit 404 positiven Stimmen für die SKF, keine einzige dagegen, vom Schweizer Sportparlament. Das System J+S, mit der Einstufung als A-Verband, stabil. Im Erbe auch die geschaffene unabhängige Meldestelle Swiss Sport Integrity. Nicht zur Freude der neuen Führung.
Die Einstufung 2021-24, das zweite Mal nach 2017, als Sportart Nr. 2 geschafft. Im Jahr 2021 das Covid-19 Stabilisierungspaket gestemmt. Den Dojos über 2 Mio. CHF ausbezahlt. Durch die von mir visierten Vereinbarungen Swiss Olympic/Bund 2021-24, die erstellten Konzepte 2021-2024 Spitzensport, Ethik und Frauenförderung, war mir bewusst, dass ich auch nach meinem Rücktritt, für die Einhaltung der Ziele einstehen würde.
Die Swiss Karate League, die Schweizermeisterschaften Shobu und Ippon Shobu die Premium Produkte. Athletinnen und Athleten mit Top-Resultaten an Welt- und Europameisterschaften, World- und European Games, K1 Premier League, Series A, Youth League, internationalen Stil- und Punkte-Turnieren in Deutschland, Kroatien, Österreich und Tschechien. Foto: Europameisterinnen Team-Kumite 2018.
Ab 2011 kamen im Leistungssport, mit den Erfolgstrainern SWKO/SKA, auch herausragende Athleten aus diesen Sektionen. Mit Elena Quirici die bis heute erfolgreichste Athletin aller Zeiten, Karate Do Brugg (Daniel Humbel/David Baumann) das erfolgreichste internationale Dojo. Als Leistungsgarant zeigte sich auch Nationaltrainer Franco Pisino (Foto, mit Chef Leistungssport Daniel Humbel, 2007-2022) der mit eigenen Athletinnen und Athleten massgeblich zum internationalen Erfolg der SKF beitrug. Es war die Zeit der herausragenden Praktiker an der tagtäglichen Front des Leistungssports. Das grosse ehrenamtliche Engagement der SKL/SM-Veranstalter: Sursee-24 (Piero Lüthold & Team), Liestal-12 (Anni und Giuseppe Puglisi), Karaté-Club Cobra Fribourg-9 (Reynald Oliver/Philippe Gomez) sowie Neuchâtel-9 (Franco Pisino/Fabrizio Gelsomino).
Für mich war immer klar, dass ich nur mit den besten Trainern und wenigen Athleten den Anschluss im globalen Wettbewerb halten konnte. Entscheidend war auf Trainer, ungeachtet der Herkunft, mit Kompetenz, Leidenschaft zu setzen. Die Athleten mit den für sie besten Trainern zusammenzubringen.
Diese wuchsen in den Stützpunkten, seit 2004 (15), mit erfahrenen Persönlichkeiten besetzt, heran. Durch das Instrument der PISTE (prognostische integrative systematische Trainer-Einschätzung) erreichten wir mit Nachwuchs-Athleten die Weltspitze. Dabei wussten wir, dass von den im Durchschnitt 80 teilnehmenden Dojos an der Swiss Karate League weniger als 10 Dojo in diese Sphäre gelangen konnten. Die Anzahl aussergewöhnlicher Dojos und Spitzensporttrainer ist und bleibt begrenzt.
Durch die erzielten internationalen Top-Resultate kamen wir zu vermehrter Unterstützung von Swiss Olympic, der Schweizer Armee (Spitzensport-RS Ramona Brüderlin, Elena Quirici, Yuki Ujihara, heute Pauline Bonjour), Bund und Kantonen, Sportgymnasien und konnten uns weiterentwickeln. Die beiden Europameisterschaften in Kloten-2011 (Siegerehrung durch Bundesrat Ueli Maurer) und Zürich-2015 ergaben für uns höchste internationale Reputation, die bis heute anhält. Die Olympia-Selektion von Elena Quirici, die schweizweite Kommunikation in den Medien (Tagesschau SF1) der Höhepunkt der SKF-Geschichte.
Ein Gütesiegel auch die internationalen Schiedsrichter (Piero Lüthold, Daniel Brunner, Linh Pham, Stéphanie Moix, Florian Wernly), welche sich mit viel „Herzblut“ ehrenamtlich an WMEM und K1 Turnieren engagieren und dafür viel persönliche Zeit investieren. Und heute die erfreuliche Ernennung von Piero Lüthold als Mitglied der europäischen Schiedsrichterkommission.
Dazu grosses Engagement in die Traineraus- und weiterbildung mit dem Fazit von 16 Sportartenschulleitenden mit eidg. Diplom, 39 Karatelehrern mit eidg. Fachausweis. Im Leistungssport 4 Spitzensporttrainer mit eidg. Diplom, 19 Leistungssporttrainer Swiss Olympic mit eidg. Fachausweis.
Alles begründet auf Innovationsfreudigkeit, Klarheit über die strategische Ausrichtung, realistische Zielsetzungen (SMART) und Meilensteine im Leistungssport und Ausbildungsbereich. Mit einer herausragenden Zusammenarbeit mit allen Partnern auf Stufe Bund und Swiss Olympic.
Leadership
Eine Spitzenfunktion bedeutet immer auch Verzichten auf anderes. Eine unabdingbare harte Prioritätensetzung. Die Tätigkeit für die übernommene Aufgabe ins Zentrum zu stellen. Pflichterfüllung, mit ganzer Kraft, nach bestem Wissen und Gewissen. Foto: Giuseppe Puglisi, Vizepräsident Leistungssport. Bis heute einer der profiliersten Leader der Karate-Szene Schweiz. Eine Stimme mit Gewicht und Nachhaltigkeit.
Wer in einer Leadfunktion ist muss mehr arbeiten als andere. Vorbild im Engagement sein. Hohe Ziele setzen. Nicht nur theoretisch, auch praktisch. Mit geballter Energie. Die Vision, aber auch das Risikomanagement immer im Blick.
Daran glauben, dass die Schweiz im nationalen und globalen Wettbewerb Herausragendes leisten kann. Die SKF, im Vergleich mit anderen Sportverbänden, eine Spitzenposition einnehmen kann.
Teil eines grossen Ganzen zu sein, so an den beiden Europameisterschaften 2011 in Kloten und 2015 in Zürich, den olympischen Spielen 2021 in Tokyo. Ich bin stolz, was meinem Team für die Schweiz gelungen ist. Sie haben in herausfordernden Zeiten ausserordentliches geleistet.
Meine engsten Kader, ausgestattet mit einem hohen Funktions-Know-how, haben ihre Verantwortung immer aus einer 24-Stundensicht gesehen. Agieren, statt reagieren, analysieren, reflektieren. Resultate bringen. 7 Tage in der Woche. In einem Verband, der herausfordernd komplex ist. Indem unzählige Puzzle-Steine ineinandergreifen. Im Hintergrund enorm viele Bereiche wirken. Wo bei einer Veränderung eine ganze Leistungskette betroffen ist.
Zum Schluss. Engagement? Das ist nicht irgend jemandes Aufgabe. Das ist jedermanns Aufgabe. Darum waren wir erfolgreich.
Vision neue Führung
Vorbei, so die Korkenknaller, waren die Zeiten mit viel Papier, unendlich langen und vielen Themen bestückten Sitzungen des Zentralvorstands. Schwebend auf der Meta-Ebene, unberührt von dem Nerven- und zeitraubenden Tagesgeschäft. Jetzt würde sich der Zentralvorstand mit den wirklich grossen Themen befassen. Keine Bearbeitung von Baustellen, Krisenherden. Kein Erreichen der Züge in letzter Minute sondern ein beschauliches, harmonisches In-sich-ruhen auf den Bahnsteigen.
Das bereits seit 2017 bestehende FTEM-Konzept, würde nicht als Papiertiger enden, sondern in gelebter Breiten- und Leistungssport-Praxis. Das neue Ethikkonzept die SKF in noch höhere Sphären befördern. Und die Einstufung 2 – der Geldsegen von Swiss Olympic? Die Absicherung der Saläre der Leistungsportverantwortlichen? Den würden die «geerbten» Top-Karatekas wie Elena Quirici, Yuki Ujihara, Maya Schärer, Lanyfer Minano, Nina Radjenovic, Fabienne Kaufmann, Noah Pisino und Pauline Bonjour schon schaffen.
Realität
Es brachen toxische, statt die erhofften paradiesischen Zeiten an. Modelle funktionieren nicht. Die «Verbandentwicklung» im Sinne der «über-geordneten gesellschaftlichen Entwicklung» stottert. Die wenig professionelle Einstellung und Einführung einer neuen Mitarbeiterin, führte zu geharnischten Reaktionen. Der Abgang eines Ressortleiters in einer zentralen Funktion. Transformationsprozesse mit Kollataralschäden.
Wenig Erfolge in der Führungsbilanz. In einer endlosen Schleife der Kritik. Dies, weil einige der Führungskräfte von der stipulierten Meta-Ebene schlichtweg überfordert sind, andere als Brandbeschleuniger der Konflikte agieren, einige von Kündigung ihrer Funktion sprechen. Es besteht das besondere Flair für Aktionen, welche der SKF mehr Ärgernis als Weiterentwicklung bringen, dem Ruf bei ihren Partnern abträglich ist.
Dazu tragen bei: „Dynamische“ Interpretation der Statuten, Reglementen mit dem Hinweis «Ethik, FTEM». Wenig Loyalität zu bisherigen Funktionsträgern. „Mitwirken“ im Kompetenzbereich anderer Funktionsträger. Zustellung wichtiger Dokumente erst am Vortag von ZV-Sitzungen. Kein Engagement für den Erhalt des Titels Karatelehrer mit eidg. Fachausweis. Dazu wenig Transparenz (wer erhält für welche Aktivitäten wieviel Geld) der Zuwendung CHF 40 000 im Projekt Ethik. Das gleiche bei den Personalkosten, CHF 661 000.
Auch nicht Klimafördernd der „Abgang“ von Mitgliedern eines Stützpunktes in einen anderen Stützpunkt, die „autoritäre“ Wegnahme (jetzt im Rekurs) eines SKL-Turniers, die unterschiedliche Handhabung von erfolgten Schiedsrichterentscheidungen. Alles unnötige Baustellen. Im Zentralvorstand, so ein Insider, sind die Mitglieder gerade so viel informiert, dass sie den «strategisch-operativen» Zielsetzungen nicht in die Quere kommen. In der Wahrnehmung Vieler werden Entscheidungen einseitig zu Gunsten einer Sektion wahr genommen: Besetzung von Schlüsselpositionen, «Re-Organisationen im Stützpunktbereich. Als Kompensation für wenig sportliche Erfolge?
Der neue Vorsitzende traf bei seinem Amtsantritt, auf eine Sektion, welche sportlich seit 2017 wenig erfolgreich dasteht. WMEM: SWKO/SKA-29 Medaillen (83%). SKU-6 (17%), K1 PL/SA: SWKO/SKA-32 (82%), SKU-6 (18%). Seit einer Dekade in der tiefsten Krise.
Der Spitzensportberater (letzte Top-Klassierungen: EM 2013, 7. Rang U18, letzte Medaille, EM-Bronze 2007, vor 17 Jahren) mit viel Luft nach oben.
Die gesamten sachlichen und personellen Entscheidungen werden zu Gunsten eines zukunftsfähigen Gesamtsystems zum Wohle aller in der SKF bezeichnet. Aufgebaut auf Ethik, Kompetenz, Transparenz, Verantwortung. Das trifft so viel zu wie die Erde eine Scheibe ist oder eine Schildkröte an einem Segelwettbewerb teilnimmt.
Heute wenden sich Athletinnen und Athleten, Funktionäre und Coachs da kein Vertrauen in die Integrität der Führung besteht, direkt an die unabhängige Instanz Swiss Sport Integrity. Diese befasst sich mit ethischem Fehlverhalten, Missständen im Sport. Heute liegen einige Klagen (ethisches Fehlverhalten, Missstände in den Strukturen) beim Schweizer Sportgericht vor.
Einen derartigen Image-Verlust gegenüber externen Organisationen gab es erst einmal, als mehrere Exponenten erhaltene Beiträge (CHF 50 000) an den Bund zurückzahlen mussten. Die damalige Sitzung mit dem Chef J+S begann mit den Worten «wir sprechen hier von einem möglichen Ausschluss der Sportart Karate aus J+S». Der «Schadensausgleich» wurde von mir an einer einzigen Sitzung in Magglingen geregelt. Es gab weder eine Sanktion noch musste die gesamte SKF-Führung während Monaten belastet werden.
Die verschiedenen eingegangen Klagen werden gegenüber Swiss Olympic, die immerhin 70% an das gesamte Verbandsbudget beiträgt, begründet mit Konflikten die sich «über Jahre hinweg» aufgebaut haben. Richtig: Seit dem Garten Eden hat sich einiges «angesammelt».
Wenig förderlich das damalige Mail (welches die Steilvorlage für nachfolgende Posts lieferte) nach einem kritischen Artikel an alle Kadermitglieder, mit der Botschaft, dass die Führung hinter den Verantwortlichen Leistungssport steht. Mit diesem Mail wurde der Boden vorbereitet für Hass, Ausgrenzung, Diskriminierung. Die am Entscheid Beteiligten wurden zu Opfern, die Betroffene zur Täterin gemacht. Die Kritik erfolgte auch innerhalb des Zentralvorstands. Eine Entschuldigung blieb bis heute aus. Das würde Grösse erfordern. Wenigstens: Alle drei damaligen Hauptverantwortlichen sind nicht mehr in ihren Funktionen.
Und auch der derjenige Sektionspräsident, der den erfolglosen Antrag stellte, den Auskunftgeber, aufgrund dessen Aussagen, von seinen noch verbliebenen Funktionen zu entheben, ist Geschichte.
Zum Schluss: Der neue Vorsitzende hat eine wesentlich bessere Situation als der bisherige Amtsinhaber: Arbeitete dieser in seiner ZP-Funktion sowie allen anderen Bereichen (Ressortleitung SKL/SM, Homepage, Anti-Dopingdelegierter) ehrenamtlich, ist das heutige Präsidium (alles finanziert durch die Lizenzmarkenbeiträge der Mitglieder) jährlich mit CHF 24 000 honoriert. Mit den übrigen bezahlten Bereichen kann gut der Betrag von CHF 30 000 plus erreicht werden. Mit der Übernahme von Projekten über CHF 50 000. Somit besteht zumindest in diesem Bereich der viel zitierte „Leidensdruck“ nicht.
Fazit: Der Jahresbericht des Vorsitzenden zeigt eigentlich auf wie die SKF sein sollte: 1-Die Bereitschaft, sich auf eine zukunfts- und lösungsorientierte Zusammenarbeit einzulassen, 2-Störungen haben Vorrang, 3-künftig sollen Probleme innerhalb des Verbandes nicht mehr in erster Linie autoritär oder vereinsrechtlich gelöst werden, sondern im Dialog, 4-Rollenklarheit, 5-Umfeld Athletinnen und Athleten: In den Überlegungen sollten sie vermehrt mitberücksichtigen und mitoptimiert werden, 6-mit auftretenden Konflikten so offen und konstruktiv umzugehen, dass deren destruktive Austragung oder Eskalation verhindert, bzw. möglichst frühzeitig gestoppt wird, 7-die zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen erreichen manchmal Spitzen, die gefährliche Auswirkungen auf die psychische Verfassung der einzelnen Personen haben können, 8-Interessenskonflikte und das Vermischen verschiedener Kompetenzbereiche belastet zurzeit die Entwicklung unseres Systems, 9-aktiv die Führungsrolle übernehmen und die Eskalation-Dynamik in den Griff zu bekommen, 10-Good Governance anstreben.
Vorbildlich. Wie die 10 Gebote. Nur – mit der Realität hat es bis jetzt wenig zu tun. Jedoch: Was nicht ist, kann noch werden. Durch Umsetzung der erwähnten 10 Punkte oder durch die Neubesetzung von Funktionen. Und: „Nearly all men can stand adversity, but if you want to test a man’s character, give him power.“ – Abraham Lincoln.