Peter von Rotz, ein Samurai ist gegangen
🇨🇭 Roland Zolliker
Weltweit nehmen Karatekas Abschied von Peter von Rotz. Die Karatelegende ist im Alter von 81 Jahren verstorben.
Noch am 14. Juni 2023, zu seinem 80. Geburtstag, boten ihm seine Schülerinnen und Schüler eine imposante Karate-Show. Nun ist einer der Begründer und Förderer des Kyokushinkai in der Schweiz gegangen.
Peter von Rotz war eine prägende, impulsive, ausserordentlich initiative Persönlichkeit, der ganze Generationen von Karatekas prägte. Darunter auch den legendären Andi Hug (†) und Peter Steinmann.
Dass er, so die Organisatorin Corinne Schumacher, bei seinem Fest sofort das Kommando übernahm und japanische Befehle erteilte charakterisiert seine starke Persönlichkeit.
Peter Von Rotz kam in seinem gelernten Beruf als Koch auf der ganzen Welt herum. Seine ersten Trainings absolvierte er in Quebec (Kanada) im Sakura Dojo Montreal. 1971 gründete er die Karateschule Luzern (Kyokushinkai Karate Luzern). 1972 die Schweizerische Karate Union, später Schweizerischer Karateverband Kyokushinkai (SSK). In den 70iger Jahren leitete er das Restaurant Ochsen in Dietikon.
Hier fand im Mai 1977 ein erstes Gespräch zur Gründung des heutigen Dachverbandes SKF statt. Der alte SKF war vertreten durch seinen Präsidenten Hans-Peter Wechsler, Walter Eichenberger (†) und Peter von Rotz. Die SKR durch Koichi Sugimura (†), Daniel Grabenstaetter (†) und Bernd Andres. Im selben Jahr gewann Erich Marti in Zofingen im Kumite als erster Deutschschweizer die Schweizermeisterschaften.
Das Projekt «2. Dachverband» wurde dann am 19. November 1977 beschlossen, welche die Gruppen S.K. UEK, SKR, Kyokushinkai und SKO (heute SWKO) miteinschloss. Der erste DV war 1974 gegründet worden, brach dann aber wieder auseinander.
Am 16. Juni 1979 fand in Fribourg die historische Sitzung zur Gründung des heutigen Dachverbandes statt – 16 Jahre nach der ersten organisatorischen Gründung als Sektion im Schweizerischen Judoverband. Gründungsmitglieder:
S.K. UEK: Claude Ravonel, Michel Allegrini, Alain Duport, Gabriel Walter
SKR: Daniel Grabenstaetter, Peter Buhofer, Tommaso Mini, Jürgen Stutterich
SKK: Peter Von Rotz, Herbert Wechsler, Walter Sinner, Walter Wolf
SKO: Roland Zolliker, Mitsuhiro Kondo, Gerhard Tscherter, Kurt Iseli
Zudem wurde eine Pressekommission mit Roland Zolliker (Koordination), Peter Von Rotz (Deutsche/italienische Schweiz) und Claude Ravonel (Französische Schweiz) eingesetzt.
Im 1982 erstmals eingeführten SKF-Dan-Register wurde Peter Von Rotz als B001 (3. Dan) aufgeführt. An der Delegiertenversammlung vom 12. März 1983 erhielt er von der SKF den 4. Dan.
Nebst seinen «politischen» internationalen (Vice Chairman of the European Kyokushin Karate Organization) und nationalen Aktivitäten war Peter von Rotz vor allem als Trainer und internationaler Coach tätig. So an der 1. Kyokushinkai-WM 1975 Tokio: Herbert Wechsler (Delegationsleiter), Peter Von Rotz (Dietikon/Coach), Cornelis Breed (Zofingen), Thomas Nicoleti (Widnau), Antonio Cazzetta (Goldach), Hansjörg Heé (Zürich), Charlie Lenz (Chur) und Fritz Anderegg (Fahrweid-Dietikon).
Ebenso 1982 als Zeno Marxer als erster SKV-Karateka Europameister -85 kg wurde. Bronze gewannen Gabriel Marxer + 85 kg und Hugo Forster –85 kg.
Mit Peter Steinmann anlässlich der legendären SKF-Trainerausbildung 1987 in Goldiwil mit Arturo Hotz
Eine «bewegte» Zeit waren die Jahre 1990 und 1991. Nachdem die damalige Eidg. Sportschule Magglingen das Karate zum wiederholten Male als J+S Fach abgelehnt hatte und im November 1990 der SKF mitgeteilte:
„Im Verlaufe der Diskussionen wurde klar, dass wir nicht darum herumkommen, für die Sportart Karate in ihrer heutigen Ausprägung die gleichen Kriterien anzuwenden, die zum Ausschluss des Boxsports aus J+S geführt haben. Es sind dies zum Teil gesundheitliche und ethische Überlegungen. Die Ausbildung zum Kämpfer, die in ihrer höchsten Form den Niederschlag des Gegners einschliesst, wird in J+S nicht gepflegt.“
Dies bewog den SKV auch bei der Mitgliedsektion Kyokushinkai auf einen Verzicht auf das Vollkontakt-Karate unter 20 Jahren zu fordern. Diese Einschränkung wollte sich Peter von Rotz (Sektionspräsident) nicht auferlegen lassen und bewog seine Sektion am 9. März 1991 den Austritt aus der SKF, per 31. Dezember 1991, zu geben. Damit konnte die SKF, unbelastet von Kontakt-Karate, neue Verhandlungen mit Magglingen aufnehmen.
Am 30. Oktober 1995 wurde Karate als offizielles J+S Fach anerkannt.
Später kam Von Rotz, ohne jedoch wieder in die SKF einzutreten, auf seinen Entscheid zurück und schrieb den J+S Verantwortlichen:
„Wir möchten auch in Zukunft mit unserem Sport und unserer Philosophie einen kleinen Beitrag an die Gesellschaft leisten. Deshalb sind wir auf eine Institution J&S angewiesen. Wir freuen uns auf eine wohlwollende Antwort von Ihnen und wünschen schöne Festtage und ein gutes neues Jahr“.
Nach einer Vereinbarung, kein Kontakt unter 20 Jahren, wurde das Kyokushinkai Karate, in J+S aufgenommen.
Mitte der 90iger Jahre wandten sich einige führende Schüler von Peter Von Rotz, und dessem absoluten Loyalitätsanspruch, ab und gründeten eigene Organisationen, die bis heute bestehen. International vertieften sich die Spaltungen nach dem Tod des Begründers Masutatsu Oyama (1923-1994) und den verschiedenen Auffassungen seiner Meisterschüler, so u.a. Steve Arneil (England) und Jon Bluming (Holland).
Mit Peter Von Rotz verliert die Karate-Szene Schweiz eine leidenschaftliche, Prinzipientreue Persönlichkeit, die Entscheidendes zur Entwicklung des Kyokushinkai in der Schweiz beitrug.
Die Schweiz hat eine Legende, das Kyokushinkai eine Säule verloren, die engsten Schülerinnen und Schüler einen Freund. Er hinterlässt einen grossen Schatz an Erkenntnissen und gesammelten Wissen, umgesetzt in Fachbücher.
Sein Wirken, sein enormer persönlicher Einsatz für das Karate und seine prägende Kraft bleiben unvergesslich.
Der Himmel hat eine neue starke Persönlichkeit erhalten.
Roland Zolliker
Zentralpräsident SKF, 1988-2022
Ehrenpräsident